Interview mit dem JuraBlogs-Macher

Bei JuraBlogs (www.jurablogs.com) erscheinen alle paar Minuten neue Beiträge zu allen möglichen juristischen Themen. Dazu gibt es ein riesiges Archiv und viele weitere nette Features. Beliefert wird JuraBlogs von zahlreichen juristischen Blogsralfzosel.de ist auch dabei. Ich sprach mit dem Betreiber von JuraBlogs Matthias Klappenbach über sein Projekt.

Startseite von JuraBlogs, Stand 21.12.09Als ich das erste Mal auf JuraBlogs stieß, war ich sofort begeistert. Wann wird das gewesen sein? Wann hast du JuraBlogs gestartet?

JuraBlogs ist im August 2004 gestartet.

Wie kamst du darauf, ein Portal für die juristischen Blogs zu bauen? Du selbst bist ja kein Jurist. Was hat dich daran gereizt?

Damals war ich Mitinhaber einer kleinen Marketingagentur. Wir hatten uns mit unseren Dienstleistungen auf Anwälte und anwaltliche Dienstleister spezialisiert. Einen Teil meiner Zeit habe ich mit Recherchen im Bereich des Anwaltsmarketing verbracht, bin das erste Mal auf juristische Blogs gestoßen und war sofort begeistert. Wir haben in Workshops damals viel Zeit damit verbracht, unseren Kunden zu erklären, wie wichtig es ist, den Mandanten von sich zu überzeugen. Warum sollte ich Anwalt A wählen, wenn Kanzlei B zum vergleichbaren Preis die gleiche Dienstleistung erbringt?

In den USA waren juristische Blogs bereits sehr verbreitet und es gab auch erste Ansätze von Vernetzungen untereinander. In Deutschland bin ich damals auf nur knapp 30 Blogs gestoßen und habe innerhalb einer Woche die erste Version von JuraBlogs programmiert.

In erster Linie war JuraBlogs damals als PR-Instrument für uns gedacht. Als wir im Herbst 2005 die Agentur aufgegeben haben, habe ich mich entschlossen, JuraBlogs privat weiter zu entwickeln.

Niemand wird zu JuraBlogs gezwungen – Blogger, die bei dir mitmachen wollen, müssen sich anmelden. Wie lief das denn am Anfang?

Es ist am Anfang immer ein wenig wie mit der Henne und dem Ei. Wie sollte ich Blogbetreiber davon überzeugen, dass ein fast leeres JuraBlogs ohne Besucher eine gute Idee ist? Ich habe letzten Endes die rund 30 Blogs hinzugefügt und gleichzeitig Mails an die Betreiber geschrieben. Kein einziger ist abgesprungen und es gab zu meiner Freude auch eine ganze Menge Echo aus der Blogosphäre.

Einer der ersten Artikel zu JuraBlogs stammt von Jurabilis-Betreiber Alexander Hartmann ( http://jurabilis.blogspot.com/2004/08/jurablogsde-juristisches-metablog.html ).

Inzwischen ist JuraBlogs eine Institution in der deutschsprachigen juristischen Blogossphäre. Kannst du uns ein paar Zahlen geben? Wie viele Blogs machen mit? Wie viele Beiträge hast du im Archiv?

301 Blogs sind aktuell bei JuraBlogs aktiv (und in meiner aus Zeitgründen etwas vernachlässigten Inbox liegen geschätzte 20 Aufnahmeanfragen). Rund 180.000 Artikel sind aktuell im Archiv und über JuraBlogs durchsuchbar.

Und zum Traffic? Magst du Visitors, Visits und PI verraten oder sind das Geschäftsgeheimnisse?

Im November 2009 hatte JuraBlogs rund 550.000 Besucher und rund 800.000 Seitenaufrufe.

Das ist eine ganze Menge. JuraBlogs ist ein kostenloser Service, es gibt aber recht auffällige Google-AdWords-Werbung bei jedem Beitrag. Leben kannst du davon aber offenbar nicht, jedenfalls arbeitest du trotz JuraBlogs noch – und ich nehme an, nicht nur „nebenher“, oder doch?

JuraBlogs ist ein kostenloser Service. Es gibt auf JuraBlogs aktuell eine einzelne Werbeplatzierung, die durch Google gefüllt wird und welche in der Vergangenheit bereits zu viel Kritik geführt hat. Für mich ist in diesen Diskussionen immer der Begriff „Gleichgewicht“ wichtig. Besucher und Blogbetreiber müssen einen klaren Mehrwert durch JuraBlogs erhalten.

Für den Blogbetreiber kann das zusätzlicher Traffic sein, das gute Gefühl, den Top-Artikel des Tages veröffentlicht zu haben, eine tolle Platzierung im Ranking oder aber die einfache Recherche nach Veröffentlichungen von Kollegen.

Auf meiner Seite muss sich JuraBlogs als Erstes einmal selbst wirtschaftlich tragen. Das ist glücklicherweise in den meisten Monaten der Fall. JuraBlogs läuft aktuell auf drei dedizierten Servern, einem Webserver und zwei Datenbankservern. Auch wenn die Weiterentwicklung und Pflege in manchen Wochen durchaus mit einem Vollzeitjob mithalten kann, liegt mein beruflicher Fokus nicht auf JuraBlogs. Für JuraBlogs habe ich Zeit, wenn es mein Job und Privatleben erlauben.

Du bist bei eBay, richtig?

Stimmt, seit 2007 arbeite ich bei eBay im Bereich Suchmaschinenoptimierung (SEO). Ende Februar 2009 bin ich dann aus Deutschland in die eBay-US-Zentrale in die Nähe von San Francisco gewechselt. Wenn man die Möglichkeit hat, beruflich ins Ausland zu gehen, sollte man das meiner Meinung nach unbedingt tun. Die 9 Stunden-Zeitverschiebung erschweren den Kontakt in die Heimat allerdings nicht unwesentlich.

Du hast Suchmaschinenoptimierung von der Pike auf gelernt und treibst es mit JuraBlogs in Perfektion. Verrätst du uns ein paar Tricks?

Webseiten-Entwickler legen den Fokus oft darauf, wie die Seite im Browser erscheint und vergessen, dass Suchmaschinen nicht wissen, wie eine Seite „aussieht“. Die starke Verbreitung von Software zur Erstellung von Webseiten hat dazu geführt, dass selbst „Entwickler“ oft keine einzelne Zeile Code selbst schreiben. Suchmaschinenoptimierung ist bei diesen Projekten dann kein „Hokus-Pokus“, sondern als Erstes das Aufräumen und Restrukturieren von Bergen überflüssiger und „unlogischer“ Strukturen.

Blogs sind im Vergleich zu „statischen“ Webseiten grundsätzlich besser optimiert, da beim Entwickeln der Systeme der eine oder andere bereits über SEO nachgedacht hat. Einen guten Artikel zum Thema SEO-Optimierung von WordPress findet man beispielsweise bei Joost de Valk (http://yoast.com/articles/wordpress-seo ).

Einen Tipp habe ich dann doch noch: Die Google-Webmaster-Zentrale unter http://www.google.de/webmasters . Unbedingt empfehlenswert!

Das führt dann dazu, dass JuraBlogs bei Google mit Blogbeiträgen, die ich in meinem neuen Blog schreibe, ganz vorne kommt, und mein eigenes Blog unter ferner liefen. Andererseits bekomme ich die meisten Klicks von JuraBlogs. Mein Eindruck ist, dass man als kleines Blog unter’m Strich gewinnt. Wie siehst du das?

Wenn du dir die Begriffe anschaust, über die Besucher auf dein Blog kommen, wirst du sehen, dass kaum ein Besucher den Artikeltitel als Suche bei Google eingegeben hat. Oft sind es Begriffskombinationen, über die der Traffic auf dein Blog kommt. Das Gleiche gilt für JuraBlogs. Das Suchen nach dem Artikeltitel ist etwas, was in der Realität nicht oder nur sehr selten vorkommt.

Bei der Suche nach dem Artikeltitel ist JuraBlogs oft vor dem eigenen Blog gelistet, da bei dieser Suche dann einfach gesagt zwei wesentliche Kriterien der beiden Seiten verglichen werden: Die Anzahl und Stärke der Verlinkungen sowie die „suchmaschinenfreundliche“ Gestaltung. Nach 5 Jahren ist JuraBlogs als juristisches Portal sehr gut verlinkt – und natürlich sind die Seiten suchmaschinenfreundlich gestaltet. Zumindest Ersteres ist oft bei jungen Blogs nicht der Fall – die Verlinkungen fehlen.

Bei JuraBlogs gibt es für die meisten Artikel eigene Artikelseiten (zu kurze Artikel bekommen keine eigene Seite). Diese Seiten bestehen zum Teil aus dem gekürzten Artikelinhalt – zum Teil jedoch auch aus Kommentaren, thematisch passenden Artikeln und weiteren Verlinkungen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Themenseiten. Durch diese Techniken versuche ich, für von den Originalseiten unterschiedliche Begriffskombinationen suchrelevant zu sein. Ich versuche immer, dass Traffic durch JuraBlogs zusätzlicher Traffic ist – und nicht etwa Traffic, den das Blog auch ohne JuraBlogs hätte.

Ein kleines Blog wird anfangs den größten Teil des Traffics durch JuraBlogs bekommen. Im Laufe der Zeit wird der Anteil durch JuraBlogs prozentuell kleiner, da das eigene Blog mit der Zeit in Suchmaschinen besser platziert wird und weitere Kanäle hinzukommen (RSS-Feeds, direkt Besucher, Verlinkungen in anderen Blogs).

Ich bin davon überzeugt, dass JuraBlogs ein guter Schritt ist, um das eigene Blog einer großen Anzahl von Lesern zu präsentieren. Das macht viel Sinn bei jungen Blogs – ist aber auch bei großen und sehr gut in Google sichtbaren Blogs nicht sinnlos. Tausende Besucher nutzen JuraBlogs täglich, ohne vorher bei Google gesucht zu haben – weil es einfach zum Arbeitstag dazugehört, weil sie den JuraBlogs-Twitter-Account lesen, RSS-Feeds abonniert haben oder aber morgens den Newsletter erhalten.

Ein Punkt, der schon öfter zu Diskussionen geführt hat, ist das JuraBlogs-Ranking. Seit wann gibt es das und wie funktioniert das?

Das Ranking gibt es seit März 2005 und hat seitdem einige kleine und größere Änderungen im zu Grunde liegenden Algorithmus erlebt. Wichtige Kriterien sind die Aktivität eines Blogs, die Anzahl von Verlinkungen in anderen juristischen Blogs sowie die Leserzahlen. Es gibt einige weitere kleinere Faktoren, die ich hier nicht nennen möchte. Ein Ranking wird immer zu Diskussionen führen und ich begrüße diese auch. Ich bin mir sicher, dass der aktuell genutzte Algorithmus nicht der Letzte gewesen sein wird ;-)

Das Ranking und die Top-Beiträge stacheln zum Wettbewerb an. Leidet darunter die Qualität der Beiträge?

Die aktuellen Top-Artikel der letzten 7 Tage (http://www.jurablogs.com/popular/7d ) haben eigentlich nur eines gemein: Sie haben einen kreativen Titel und bestehen nicht nur aus zitierten Presse- oder Gesetzestexten. Sie enthalten einen eigenen Standpunkt oder eine eigene Erfahrung. Die Artikel vermitteln auf unterhaltsame Art und Weise juristische Inhalte und sind für mich als Nicht-Juristen in 90% der Fälle genau richtig. Ob dies für jeden Nutzer ein sinnvoller Ansatz ist, die Qualität des Angebots zu bewerten, mag ich nicht zu beurteilen.

Die restlichen 10% der für mich wichtigen Artikel (beispielsweise neue Entscheidungen zum Thema „eBay“) finde ich nicht in den Top-Artikeln, aber ich weiß, wo ich suchen muss. Beispielsweise gibt es für jedes Thema einen eigenen RSS-Feed – den zum Thema eBay hier: http://www.jurablogs.com/thema/ebay/feed .

Es kommt sicherlich vor, dass das eine oder andere Blog nicht die persönliche Erwartung erfüllt. Für diesen Fall gibt es seit einigen Monaten innerhalb des „Mein JuraBlogs“-Kontos die Möglichkeit, diese Blogs auf eine „Blacklist“ setzen und damit auf der Startseite auszublenden.

Schlagzeilen und Artikel im Stil der größten deutschen Tageszeitung sind bei JuraBlogs jedoch die Ausnahme. Wenn es dann jedoch mal vorkommt, bleibt die wichtigste Regel: Wer sich über einen Artikel mit Sex-Themen als ungerechtfertigt prominent platziert beschweren will, sollte diesen nicht selbst angeklickt haben ;-)

Wie du weißt, bin ich bekennender Fan von JuraBlogs. Aber eine Sache, die mich wirklich stört, ist die Kommentarfunktion. Du forderst bei jedem Beitrag die Leser dazu auf, einen Kommentar auf JuraBlogs zu schreiben. Ich halte das für fragwürdig, weil bei dir ja ein Teil des Beitrags fehlt und man doch seriös nur kommentieren kann, wenn man den kompletten Beitrag gelesen hat. Vor allem aber wünscht man sich als Blogger natürlich schon, dass die Diskussion nicht an der eigenen Plattform vorbeigeht. Warum machst du das?

Die Kommentarfunktion habe ich damals eingeführt, da ich die Artikelseiten mit zusätzlichen Inhalten füllen wollte. Dies macht Sinn, um die einzelnen Seiten relevant für weitere Themen zu machen. So richtig glücklich bin ich damit jedoch unter anderem aus den von dir genannten Gründen nie geworden und die Kommentarfunktion ist nur noch recht versteckt auf den Seiten sichtbar. Momentan plane ich ein neues Design der Einzelseiten, bei dem ich mir über diese Funktionalität nochmals neu Gedanken machen werde.

Ein weiterer Punkt, der mich stört: JuraBlogs verpackt die Inhalte so, dass viele Leser auf den ersten Blick nicht merken, dass die nur aggregiert sind. Klar steht das unter dem Beitrag ganz ausführlich, aber so weit lesen viele nicht. So wird bei Zitaten immer wieder JuraBlogs als Quelle angegeben und nicht der Original-Autor. Das wäre doch nicht schädlich für dich, wenn du etwas weiter oben etwas prominenter auf den Urheber hinweisen würdest, oder?

Ich habe oft darüber nachgedacht, wie die Autoren sogar wesentlich prominenter erscheinen können (mit Bild, Kontaktdaten etc.). Wie gerade erwähnt, ist ein neues Design dieser Seiten in der Planung.

Willst du noch einen kurzen Überblick über die Zusatz-Features von JuraBlogs geben?

Es gibt eine ganze Reihe von Funktionalität, die sich erst nach etwas intensiverem Stöbern erschließen. Angefangen bei der Presseschau, für die ich die Links innerhalb von Artikel auswerte, über die automatische (und meist funktionierende ;-) ) Gruppierung von Artikeln nach Themen und Rechtsgebieten bis hin zum täglichen Newsletter und den neuen Funktionen innerhalb des „Mein JuraBlogs“-Kontos (Blog-Favoriten & -Blacklist).

Wer nur an speziellen Themen oder Rechtsgebieten interessiert ist, kann passende Feeds dazu abonnieren und wer nicht oft vorbeischaut, kann innerhalb der Top-Meldungen der letzten Zeit stöbern – aus allen Blogs und auch einzeln pro Blog. Das Blog-Ranking vereinfacht den Einstieg ins Thema juristische Blogs und die Suchfunktion macht die Recherche in 180.000 Artikeln einfach.

Du entwickelst die Plattform ständig weiter. Was erwartet uns als nächstes?

Die größten Veränderungen und Weiterentwicklungen wird es mit Sicherheit im Bereich „Mein JuraBlogs“ ergeben. Insbesondere Autoren mit eigenen Blog bei JuraBlogs sollten sich dort einen Account anlegen, welcher in Zukunft für Statistiken und Pflege des eigenen Blogs innerhalb von JuraBlogs genutzt werden kann. Für alle JuraBlogs-Konten arbeite ich momentan an weiteren Funktionalitäten zur Personalisierung (beispielsweise Artikelempfehlungen).

Darüber hinaus arbeite ich aktuell an einigen Funktionen im Hintergrund. Jeder Artikel deines Blogs erscheint momentan beispielsweise zwei Mal. Eine umfangreiche Änderung in den „Innereien“ von von JuraBlogs wird dies künftig ausschließen.

So, und jetzt mach‘ mal ein bisschen Werbung: Wer bei JuraBlogs mitmachen will, was muss der tun?

Wer mitmachen möchte, kann mir einfach eine Mail an redaktion@jurablogs.com mit der Adresse des Blogs schreiben. Das Blog sollte einen Volltext-Feed zur Verfügung stellen (ATOM oder RSS) und sich hauptsächlich mit juristischen Themen beschäftigen.

Was ist, wenn man wieder raus will? Behältst du die alten Beiträge? Löschst du die nur auf Wunsch? Oder überhaupt nicht?

Natürlich kann man jederzeit wieder raus. Alte Beiträge werden in diesem Falle mit einem Hinweis versehen. Gelöscht habe ich diese Artikel auf Wunsch auch schon. Da das durchsuchbare Archiv jedoch eine der einzigartigen und wichtigsten Funktionen von JuraBlogs ist, lösche ich natürlich nur sehr ungern – sofern dies nicht durch eine rechtliche Notwendigkeit bedingt ist.

Matthias, ich danke dir sehr für das Gespräch und wünsche dir und deinem Projekt auch in der Zukunft viel Erfolg!

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