Barrierefreiheit für Kanzleihomepages – Pflicht oder Panikmache? Interview mit RA Meibers zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

“Was ändert sich in Sachen Barrierefreiheit für unsere Kanzleihomepage?” Solche Anfragen bekam ich in den letzten Tagen einige von meinen Kundinnen und Kunden sowie anderen Kolleginnen und Kollegen. Hintergrund ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das am 28.06.25 in Kraft tritt. Von dubiosen Anbietern werden bereits (illegale) Kaltakquise-E-Mails verschickt, die Angst machen sollen vor drohenden Abmahnungen.

Was ist da dran? Ich wollte es genau wissen und habe den Kollegen Meibers befragt. Rechtsanwalt Meibers ist Fachanwalt für IT-Recht in Münster und wir kooperieren seit Jahren mit getlaw.de.

Herr Meibers, was bezweckt dieses Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und betrifft das überhaupt auch Kanzleihomepages?

Durch das Barrierefreiheitsgesetz sollen Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen besser am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können, indem Barrieren bei der Nutzung von alltäglichen Produkten und Dienstleistungen, beispielsweise auch auf Websites, reduziert werden.

Rechtsanwalt Johannes Meibers, LL.M.

Auch Kanzleihomepages können davon betroffen sein. Entscheidend dabei ist, welche Funktionen über die Kanzleihomepage angeboten werden. Werden auf der Kanzleihomepage interaktive oder transaktionsbezogene Dienstleistungen für Verbraucher angeboten, müssen diese barrierefrei sein. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn auf der Kanzleihomepage Online-Terminbuchungssysteme angeboten werden oder Dienstleistungen direkt gebucht oder bezahlt werden können.

Werden auf der Kanzleihomepage lediglich die Anwaltskanzlei präsentiert und keine interaktiven oder digitalen Dienstleistungsfunktionen bereitgestellt, ist die Website nicht vom Barrierefreiheitsgesetz betroffen.

Darüber hinaus gibt es Ausnahmen, richtig?

Ja, das ist richtig. Ausgenommen sind sogenannte Kleinstunternehmen, wenn sie weniger als 10 Mitarbeitende (Vollzeitäquivalente) beschäftigen und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro aufweisen. Auch in Fällen, in denen eine Anwaltskanzlei nicht als Kleinunternehmen gilt, kann sie im Ausnahmefall geltend machen, dass die Umsetzung eine unverhältnismäßige wirtschaftliche oder technische Belastung darstellt. Voraussetzung dafür ist aber eine nachvollziehbar dokumentierte Bewertung, die auf Verlangen der Behörden vorzulegen ist.

Als “kleine” Kanzlei kann einem die Barrierefreiheit also ganz egal sein?

Ja. Aber wächst die Kanzlei über die Schwellen für die Ausnahmen hinaus, entfällt die Ausnahme – die Barrierefreiheitsanforderungen gelten dann wieder.

Wenn die Kanzlei nicht “klein” ist und dem Anwendungsbereich des BFSG unterliegt – was folgt daraus konkret?

In diesem Fall muss die Kanzleihomepage barrierefrei gestaltet sein. Aktuell ist noch nicht abschließend geklärt, welche Maßnahmen dazu umzusetzen sind. Wir empfehlen unseren Mandanten daher, möglichst viele Maßnahmen der sogenannten Web Content Accessibility Guidelines (Version 2.1) umzusetzen. Diese werden von der Europäischen Union als einzuhaltende Anforderungen zur Barrierefreiheit genannt.

Zudem muss eine Barrierefreiheitserklärung auf der Kanzleihomepage  bereitgestellt werden. Diese informiert die Nutzer transparent über den Stand der Barrierefreiheit Ihres digitalen Angebots.

Können Sie bei der Umsetzung helfen?

Konkret können wir bei der Erstellung der Barrierefreiheitserklärung helfen. Für Standard-Websites und Shops bieten wir dazu auch entsprechende Generatoren an.

Herr Meibers, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Weitere Infos zum Thema Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) – nicht nur für Kanzleihomepages – finden Sie im Blog von getlaw.de hier und hier.

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