Große Aufregung dieser Tage im Netz: Per Suchmaschine stößt man auf Chat-Verläufe von ChatGPT, die anscheinend nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Passieren konnte das, wenn man die Funktion zum Teilen von Chat-Verläufen nutzte und den Haken gesetzt hatte, dass diese auch öffentlich auffindbar sein sollen. Einige der so veröffentlichten Diskussionen lassen vermuten, dass den Nutzern die Bedeutung dieser Klicks nicht bewusst war.

Ich war vor drei Tagen bei LinkedIn auf die Diskussion gestoßen und hatte natürlich gleich mal ausprobiert, was die folgende Google-Suche ergibt:
site:chatgpt.com/share rechtsanwalt
Es gab einen (!) Treffer mit der Unterhaltung eines ehemaligen Rechtsanwalts – wenn ich mich recht erinnere aus den USA – mit ChatGPT, der sein Deutsch verbessern wollte. Er erwähnte auch ein Buch, das er veröffentlicht hatte, was Rückschlüsse auf seine Identität erlaubte.
Inzwischen hat ChatGPT bzw. Google reagiert und auf site:chatgpt.com/share eingeschränkte Suchen liefern keine Ergebnisse mehr. Bei DuckDuckGo und Bing zum Beispiel geht das – Stand heute – aber immer noch. Und für Grok (wo nicht einmal ein extra Haken zu setzen ist?!) funktioniert das auch noch mit der Google Suche:
110.000 solcher Unterhaltungen sollen schon auf archive.org gelandet sein, berichtet Henk van Ess auf digitaldigging.org. Wie dieses Beispiel zeigt, muss man allerdings den (etwas unübersichtlichen Quelltext) der Website durchforsten, um an den Chat zu kommen.
Henk van Ess schildert einen Fall, bei dem sich der Nutzer als Anwalt vorstellt auf der Suche nach einer ganz besonderen Strategie:
I am the lawyer for a multinational group active in the energy sector that intends to displace a small Amazonian indigenous community from their territories in order to build a dam and a hydroelectric plant.
Omid Rezaee schreibt auf zeit.de:
Rechtsanwälte und Datenschutzexpertinnen schlagen inzwischen Alarm. Auf LinkedIn nennt ein Jurist das Ganze einen ethischen Albtraum – und warnt davor, dass Mandanten oder Anwältinnen durch das Teilen von ChatGPT-Links unbewusst die Vertraulichkeit ihrer Kommunikation aufheben. Die potenziellen Folgen: Bruch des Mandatsgeheimnisses, strategische Informationen für Gegner, juristische Risiken – alles auffindbar mit einer einfachen Internetsuche.
Ganz so einfach auffindbar sind solche brisanten Informationen allerdings doch nicht. Ich bin jedenfalls noch nicht fündig geworden. Liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Kolleginnen und Kollegen hierzulande alles ordnungsgemäß anonymisieren, wie das schon Dr. Peter Becker (RA-MICRO) beim DAT 2023 vorgeführt hatte.