Rechtsverklickerer des Internets – René Martens auf ftd.de zu bloggenden Anwälten

Einen Einblick in die „Lawblogszene“ gibt René Martens heute auf dem Online-Ableger der Financial Times Deutschland (ftd.de). Dabei konzentriert er sich auf die bloggenden Rechtsanwälte und zählt den geschätzten Kollegen und Referendar Jens Ferner großzügig mit dazu. Der unterhalte elf (!) Blogs zu verschiedenen Rechtsthemen, Martens erwähnt drei: Schwarz-Surfen, Jurakopf und Feindstrafrecht.com – eigentlich alles keine klassischen Blogs.

Martens weist auf die rund 400 an JuraBlogs teilnehmenden Blogs hin und macht sich Gedanken zu den Gründen, warum Anwälte bloggen: „Man kann damit Werbung in eigener Sache machen, die Schreiblust stillen oder sich in rechtspolitische Debatten einmischen.“ Er hebt den Geschwindigkeitsvorteil von Blogs gegenüber juristischen Fachzeitschriften hervor. Dabei übersieht er, dass man als Anwalt mit Fachzeitschriften überhaupt nur sehr begrenzt Werbung in eigener Sache machen kann: Welcher Mandant liest schon die NJW?

Henning Krieg (kriegs-recht.de) kommt zu Wort: Die thematischen Schwerpunkte lägen bei den internetnahen Themen und dem Strafrecht. Astrid Auer-Reinsdorff von der DAV IT wird mit Überlegungen zitiert, dass einerseits die Anwälte jetzt unmittelbar und damit präziser, als dies im Dialog mit Journalisten möglich sei, Entscheidungen zusammenfassen könnten, dass aber andererseits für den Laien die dahinterliegenden Interessen kaum abschätzbar seien.

Die Ausführungen zum Projekt buskeismus.de von Rolf Schälicke sind zwar interessant, der Bezug zu den bloggenden Anwälten wird aber nicht klar. Dann geht Martens noch auf zwei recht junge Blogs ein: Das Blog von Anja Uelhoff und das Social Media Recht Blog von Nina Diercks. Während die eine Kollegin „launig aus ihrem Arbeitsalltag erzählt“, möchte die andere „ihren Lesern die ‚Schwellenangst vor dem Elfenbeinturm Juristerei nehmen'“. Korrektur: Beide Zitate gehören zu Anja Uelhoff, Danke an Nina Diercks für den Hinweis!

Etwas ärgerlich ist, dass Martens die erwähnten Blogs nicht nur nicht verlinkt, sondern auch nur zum Teil die genauen Namen nennt, so dass man etwas rumsuchen muss, wenn man sich selbst ein Bild machen will.

Zum Schluss behauptet Martens, die „Zitiergepflogenheiten in der juristischen Zunft“ hinderten die Verbreitung von Blogs. Noch einmal wird Jens Ferner bemüht:

Als zitierfähig gelte „grob gesagt nur, was gebunden oder zumindest gedruckt ist“, sagt Jens Ferner. Er kenne mittlerweile Urteile aus Nordrhein-Westfalen, in denen Wikipedia oder Google Maps als Quelle genannt werden. „Warum sollte es dann ein Problem sein, Blogs als Quelle anzugeben?“

Ja warum? Die Frage bleibt leider offen. Wer hat denn hier ein Problem, wenn er ein Blog zitiert? Der Student? Vielleicht. Aber der Anwalt doch wohl kaum. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ferner hier korrekt zitiert wird, denn dem dürfte mein Aufsatz „Im Namen des Volkes: Gerichte zitieren Wikipedia“ bekannt sein.

Ich freue mich immer, wenn in anderen Medien über bloggende Juristen berichtet wird (vgl. etwa Alles was Blog ist – Beitrag von Dr. Wolf Albin im BRAK-Magazin 02/2010). Von daher begrüße ich – trotz mancher Kritik im Detail – auch den Beitrag von René Martens ausdrücklich. Ich kann nur hoffen, dass er viele weitere Kolleginnen und Kollegen zum bloggen animiert und die Blawgosphäre damit noch bunter wird.

3 Kommentare
  1. René Martens
    René Martens sagte:

    Vielen Dank für die intensive Beschäftigung mit dem Artikel. Die Kritik an meiner „Großzügigkeit“ bezüglich Jens Ferner ist natürlich berechtigt. Zum Thema Verlinkung: Ob und wie verlinkt wird, entscheiden die Redaktionen, nicht freie Autoren. Wie auch immer: Wir, die Autoren, sollten natürlich versuchen, in dieser Hinsicht Einfluss auszuüben.

  2. Rolf Schälike
    Rolf Schälike sagte:

    JuraBlogs wird ebenfalls von keinem Anwalt betrieben, beschäftigt sich jedoch ausschließlich mit juristischen Fragen. Das Buskeismus-Projekt  beschäftigt sich mit der Zensur durch die Justiz.

    Gerade die Jurablogs bringen die juristische Wirklichkeit den
    Mandanten und interessierten Menschen näher als der direkte Kontakt mit
    den eigenen Anwälten oder Juristen auis dem Bekanntenkreis.
    Quereinsteiger aus anderen Fachgebieten – keine Juristen  –  
    können in der Rechtswissenschaft, falls es eine ist, 
    Qualitätssprünge erzeugen.

    Neue wissenschaftliche Entdeckungen erfolgen gerade auf den sich
    überlappenden Bereichen unterschiedlicher Wissenschaftszweige. 
    Die Jurablogs von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren, Pädagogen
    u.a.  tragen zur Entwicklung der Rechtsprechung bei.

     

  3. H. Heinbostel
    H. Heinbostel sagte:

    In einem Urteil Wikipedia zu zitieren ist doch nicht vergleichbar mit dem Zitieren juristischer Blogs  –  im einen Fall geht es seiner Zweckbestimmung nach um einen im wesentlichen erläuternden Verweis, im anderen Fall um die Berufung auf die Autorität einer bestimmten Quelle für die Richtigkeit einer Rechtsaussage oder eines juristischen Arguments. Wenn ein Amtsrichter zB in einem Filesharing-Prozess zum Verständnis irgendeines unproblematischen technischen Details auf Wikipedia verweist, wird er sich deswegen doch nicht gleich für eine rechtliche Aussage auf einen Blogbeitrag des Referendars Ferner berufen, bei dem sich die geringe Sorgfalt, mit der er erstellt wurde, schon an der fehlenden Bereitschaft erkennen lässt, die vielen orthographischen Fehler zu korrigieren. Die übergroße Mehrzahl von Blogbeiträgen erhebt zudem nicht einmal den Anspruch, zitierfähige Aussagen zu treffen, sondern dokumentiert Pressemeldungen oder Lust und Frust des Anwaltsalltags.

    Das Problem liegt deshalb nicht in formalen „Zitiergepflogenheiten“, sondern an der aus inhaltlichen Gründen fehlenden Zitierfähigkeit von Blogbeiträgen. Dass es hiervon auch Ausnahmen gibt, ist zwar nicht zu bestreiten, aber die sind dermaßen rar, dass es im Justizalltag kaum einmal in Betracht kommen wird, gezielt nach ihnen zu suchen (wiederum anders als bei Wikipedia, das ja gerade aufgrund des einfachen Zugriffs so häufig benutzt wird).

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