Briefe als Word-Datei versenden?

Während die rasant voranschreitende technische Entwicklung auch und speziell Juristen vor neue Herausforderungen stellt, tun sich manche Kollegen – so mein Eindruck – mit der bereits seit Jahrzehnten etablierten Technik immer noch schwer. Zum Beispiel bekam ich neulich eine E-Mail von einem meiner Kunden – ein Anwalt:

Sehr geehrter Herr Zosel,
bitte beachten Sie das anhängende Schriftstück
Mit freundlichen Grüßen

E-Mail-Anhang: Brief mit Kanzleibriefkopf als offene Word-Datei (.docx)

Der E-Mail-Anhang enthielt dann einen Brief an mich – zu meiner Überraschung als offene Word-Datei! Im docx-Format mit Briefkopf der Kanzlei und allem drum und dran. Wohlgemerkt: Es ging nicht darum, dass man diesen Text mit mir abstimmen wollte und ich jetzt meine Änderungen in das Dokument hätte einarbeiten sollen. Nein, man wollte mir schlicht etwas mitteilen.

Nun mag das einfach ein Versehen des Sekretariats gewesen sein und das wäre dann nicht weiter schlimm. Sollte aber die Kanzlei immer Briefe im Word-Format versenden, auch z. B. an Mandanten und die Gegenpartei, halte ich das grundsätzlich für keine gute Idee – aus folgenden Gründen:

  1. Microsoft Word ist zwar weit verbreitet, aber nicht jeder hat eine Lizenz, die ja kostenpflichtig ist. Es gibt kostenlose Alternativen zum Öffnen von Word-Dateien, aber diese zeigen nicht immer alles korrekt an.
  2. Jeder Empfänger der Word-Datei hat quasi das Original-Briefpapier der Kanzlei zur freien Verfügung. Das Pendant in der Offline-Welt wäre, dass die Kanzlei stapelweise ihren gedruckten Briefbogen blanko in alle Welt verteilt. Das würde wegen der Missbrauchsgefahr wohl auch niemand tun.
  3. Man läuft Gefahr, mit der Word-Datei ungewollt Informationen preis zu geben, die nicht für den Empfänger bestimmt sind, z. B. die Änderungshistorie des Dokuments (war hier nicht der Fall).
  4. In manchen Unternehmen und Behörden werden E-Mails mit Word-Dateien im Anhang geblockt, da sie potenziell „aktive“ Inhalte enthalten können und man Angst vor Viren hat.

Deshalb werden solche Briefe, egal mit welchem Textverarbeitungsprogramm erstellt, besser als PDF abgespeichert und dann wird die PDF-Datei als Anhang versendet. Oder man schreibt sein Anliegen gleich in die E-Mail selbst und verzichtet ganz auf den Anhang.

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert