ChatGPT fällt bei Jura-Test krachend durch
„ChatGPT-Bot besteht Jura-Prüfung“ – diese Sensations-Schlagzeile sorgte letzte Woche für Aufsehen. Grundlage ist die Veröffentlichung von Jonathan H. Choi, „associate professor of law“ an der University of Minnesota Law School, und seinem Team mit dem Titel: „ChatGPT Goes to Law School„. Demnach soll die künstliche Intelligenz die 95 Multiple-Choice- und 12 Aufsatzfragen mit mittelmäßigen Ergebnissen bestanden haben (vgl. dazu auch die Fakultät-News mit weiteren Nachweisen).
Das ist ohne Frage eine beachtliche Leistung – aber würde das auch in Deutschland funktionieren? Hierzulande sind in der Jura-Prüfung traditionell eher Rechtsgutachten gefragt.
Ich habe mir einen (auf den ersten Blick) recht simplen Sachverhalt ausgedacht, den jedes Erstsemesty (vgl. dazu hier) nach ein paar Wochen Jurastudium gutachterlich halbwegs hinbekommen sollte:
Die K geht mit ihrem 10-jährigen Kind M in die Bäckerei. Zur Verkäuferin V sagt K: „Ich hätte gerne ein Brötchen“. Die V legt das Brötchen auf den Tresen. M nimmt das Brötchen und fängt an zu essen. V sagt: „Das macht dann bitte 1 €.“ Klären Sie in einem Rechtsgutachten, ob K das Geld an die V bezahlen muss.
ChatGPT „löst“ das wie folgt:

Ohne weitere Informationen über den Kaufvertrag und den Verkauf von Waren in der Bäckerei kann keine abschließende rechtliche Beurteilung erfolgen. Es ist jedoch allgemein üblich, dass der Käufer einer Ware die vereinbarte Zahlung leistet, wenn er die Ware erhält und verbraucht. Da das Kind M das Brötchen genommen und gegessen hat, könnte man argumentieren, dass ein Kauf stattgefunden hat und K daher verpflichtet ist, die vereinbarte Zahlung zu leisten. Es empfiehlt sich jedoch, weitere Informationen zu sammeln und einen Fachanwalt für Handelsrecht zu konsultieren, um eine präzise rechtliche Beurteilung vorzunehmen.
Ganz klar 0 Punkte. Also liebe Jurastudentys, bitte weiter studieren! Ich denke, das lohnt sich noch. Interessant übrigens, dass die KI wieder den Gang zum Anwalt empfiehlt – diesmal sogar zum Fachanwalt. Auch wenn das in der Situation fehl am Platz ist.
P. S.: Eine Stunde später habe ich den gleichen Sachverhalt noch einmal eingegeben. Diesmal antwortet der Bot:
In einem Rechtsgutachten kann festgestellt werden, dass K für das Brötchen bezahlen muss, da M es ohne Zustimmung oder Bezahlung entgegengenommen hat. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass K die Stellvertreterin für M’s Handlungen ist und somit für den Kauf des Brötchens verantwortlich ist. Da die Verkäuferin V das Brötchen bereitgelegt und den Preis genannt hat, kann man annehmen, dass ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Daher muss K das Geld an V bezahlen.
Verglichen mit dem ersten Versuch oben schon eine beachtliche Steigerung, aber leider immer noch nur 1 Punkt – mit etwas gutem Willen, oder?
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