Rechnungswesen für Juristen – Interview mit Hans Peter Rühl

Hans Peter Rühl hatte ich schon vor mehr als 11 Jahren bei einem Vortrag an der IHK in Saarbrücken kennengelernt. Er war schon damals als freiberuflicher Trainer und Berater für Führungskräfte unterwegs. Jetzt kamen wir wieder ins Gespräch, weil er einen Online-Kurs speziell für Rechtsanwälte und sonstige Juristen konzipiert hat.

Ralf Zosel im Interview mit Hans Peter Rühl

Herr Rühl, worum geht es in Ihrem Kurs “Rechnungswesen für Juristen”?

Also es geht jedenfalls nicht darum, jemanden zum Buchhalter auszubilden. Dafür gibt es es Profis wie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die mit den Anwältinnen und Anwälten zusammenarbeiten.

Im Kurs geht es darum, völlig unabhängig von Gesetzen und anderen Rechtsnormen die Jahrhunderte alte, grundlegende betriebswirtschaftliche Systematik von Bilanzen und Jahresabschlüssen zu verstehen, die man verinnerlicht haben muss, wenn man mitreden will – weshalb in den gesamten zwei Stunden kein einziger Gesetzestext vorkommt (höchstens mal zur Auflockerung).

Ernsthaft? Keine Gesetze in einem Webinar “für Juristen”?

In der Tat. Im Gegensatz zur landläufigen Vorstellung hat der Gesetzgeber die Buchhaltung nicht erfunden. Man kann Buchhaltung nicht verstehen, indem man Gesetze lernt. Stattdessen muss man zunächst die betriebswirtschaftliche Denkweise lernen, erst dann kann man die Rechtsnormen in ihren Bedeutungen und Auswirkungen auf Bilanzen und Erfolgsrechnungen wirklich nachvollziehen.

Können Sie dazu ein praktisches Beispiel nennen?

Gerne. § 253 HGB lässt sich u.a. ausführlich über Rückstellungen aus: Wann und wie sie zu bilden sind, ob man sie bilden muss oder darf, wie sie abzuzinsen sind etc. Natürlich können sich diese gesetzlichen Regeln auch jederzeit ändern.

Aber was ist eine Rückstellung eigentlich betriebswirtschaftlich? Wirkt sie sich auf den Gewinn aus oder nicht? Fließt dabei Geld oder nicht? Was passiert da kaufmännisch? Das wiederum ist unveränderlich, seit Jahrhunderten.

Erst wenn man beides verstanden hat: Was eine Rückstellung ist und dann, wie deren Bildung oder Auflösung aktuell im Gesetz geregelt ist, dann erst hat man den vollen Durchblick. Dann erkennt man auch, ob durch eine bestimmte Rückstellungspolitik ein Unternehmen schlechtgerechnet oder aufgehübscht wurde. Bei mir lernen Sie diesen kaufmännischen Teil.

Sie hatten mich neulich (zur Vorbereitung auf dieses Interview) freundlicherweise zu Ihrem Webinar “Rechnungswesen für Entscheider” eingeladen. Ihr Versprechen war “BWA verstehen” und ich muss sagen: Sie haben das in den 90 Minuten tatsächlich geschafft, dass ich jetzt deutlich besser durchblicke. Geht das in dem Juristen-Webinar genauso?

Danke schön, das freut mich! Auch, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Denn behaupten kann ich viel, aber “the proof is in the pudding”.

Ich bin da natürlich nicht objektiv, aber bisher sind die Feedbacks positiv. Der Unterschied zwischen den beiden Webinaren ist, dass ich bei “Rechnungswesen für Entscheider!” auf die BWA abstelle, weil diese in der Unternehmensführung genutzt wird, um das Unternehmen profitabel zu führen.

In Kanzleien hingegen ist der Jahresabschluss mit der Gewinn- und Verlustrechung der Schwerpunkt. Denn dort geht es überwiegend nicht um eigene Bilanzen, sondern um die der Mandanten oder der Gegenseite und dann werden keine BWAs vorgelegt, sondern Jahresabschlüsse.

Nun hatte ich ja schon ein paar Vorkenntnisse. Trotzdem fand ich das sehr angenehm, dass Sie gar nichts voraussetzen und wirklich ganz vorne anfangen. Machen Sie das bei den Juristen anders?

Nein, das ist für Juristen genauso. Ich fange immer bei Null an. Manchmal sind die Teilnehmer etwas irritiert, weil wir am Anfang diese Grundlagen “pauken”, also auch mit Übungen zu Buchungen. Wir klären auch alle Fachbegriffe wie Aktiva, Passiva, Anlage- und Umlaufvermögen etc.

Aber in der zweiten Hälfte, wenn es mit einer steilen Lernkurve ans Eingemachte geht, wird ersichtlich, wie wichtig dieses Handwerkszeug ist. Wer Soll und Haben und Buchungen auf T-Konten nicht verstanden hat, wird niemals einen Jahresabschluss so richtig verstehen.

Und die Buchungen verlieren schnell ihren Schrecken: Es macht den Leuten tatsächlich Spaß, denn wir buchen über (anonyme) Abstimmungen, wie in einem Quiz, und da ist man schon gespannt, ob man richtig liegt.

Vor allem jedoch ist es Grundlagenwissen für das ganze Berufsleben: Einmal verstanden, immer verstanden!

Das kann ich bestätigen: Weder im Studium, noch im Referendariat sind mir Worte wie “Bilanz”, “BWA”, “GuV”, “Aktiva” und “Passiva” jemals begegnet. Damit wurde ich dann erst viel später konfrontiert – als Prokurist und dann natürlich als Selbständiger. Das muss man sich dann selber mühsam aneignen. Und ich muss sagen: So schön anschaulich wie Sie jetzt bei dem Webinar hat mir das noch niemand erklärt. Besonders hat mich beeindruckt, wie Sie die praktischen Übungen in Ihre Online-Präsentation integriert haben.

Das höre ich natürlich gerne. Wobei die Ehre den Webinarportalen gebührt: Mittlerweile sind die technischen Funktionalitäten dort sehr ausgefeilt, man muss sie nur nutzen.

Umfragen, Chats, Whiteboard, F&A-Funktionen und mehr ermöglichen die Einbringung praktischer Übungen, so dass ich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv einbinden kann.

Wo kann man sich genauer über die Inhalte Ihres Kurses informieren?

Auf meiner Webseite gibt es eine Landingpage zum Webinar unter:
https://hpruehl.de/rechnungswesen-juristen/bilanzen-verstehen-webinar

Wie lange dauert so ein Kurs dann?

Das Live-Webinar dauert zwei Stunden mit 5 Minuten Pause zwischendrin – plus open-end Diskussion, ich bleibe bei Bedarf auch länger, um Fragen zu beantworten.

Stellen Sie den Teilnehmern auch Materialien zur Verfügung?

Nach dem Webinar versende ich eine Zusammenfassung der wichtigsten Folien für eine schnelle Wiederholung der Inhalte.

Außerdem stelle ich, unabhängig vom Webinar, auf meiner Webseite im Bereich “Ausprobieren” umfassende und zu einem großen Teil kostenlose Materialien bereit.

Die Preise und die Anmeldung findet man dann auch auf Ihrer Website, nehme ich an.

Ja, ich kann sie aber auch gerne hier nennen: 195 € netto pro Person bei meinen öffentlichen Webinaren, die ich regelmäßig anbiete.

Anmerkung von Ralf Zosel: Herr Rühl war so freundlich, den Lesern meines Blogs 10 % Rabatt einzuräumen. Einfach bei der Buchung den Gutscheincode „ZOSEL10P“ eingeben. (Nur zur Klarstellung: Ich bekomme dafür nichts.)

Bucht jemand ein öffentliches Webinar zu einem eigenen Terminwunsch oder ein Inhouse-Webinar nur für eigene Teilnehmer, gelten abweichende Konditionen.

Seit wann sind Sie eigentlich als Trainer unterwegs? Und woher wissen Sie das alles, was Sie den Leuten beibringen?

Oh, jetzt muss ich aufpassen, dass ich mich kurz fasse. Zunächst habe ich schon im Studium angefangen, mir ein eigenes Erklärmuster zurechtzulegen. Ich hatte einen guten Professor, aber die Lehrbücher waren eine Zumutung.

Dann war ich zwei Jahre als Controller für Mannesmann-Demag in Südafrika tätig, dort kam ein großer Praxisanteil hinzu. Schließlich habe 1992 die Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens in einer Krisensituation übernommen. Dort kamen viele Führungskräfte nicht aus dem kaufmännischen Bereich und brauchten eine schnelle, praxisnahe Einarbeitung.

Aus all dem entstand meine spezielle Didaktik “Rechnungswesen für Entscheider!”. Und damit machte ich mich 1999 selbstständig, als ich merkte, dass es ein weitverbreitetes Phänomen ist, dass in Führungsetagen die betriebswirtschaftlichen Zahlen nicht so genutzt werden, wie es sein könnte und sein sollte. Ein bisschen ist das ein Tabuthema in Deutschland.

Sind Juristen für Sie eigentlich ein besonders schwieriges Klientel, weil die ja bekanntlich alles besser wissen?

Ich werde mich hüten, meine Zielgruppe als besonders schwieriges Klientel zu betrachten (lacht).

Nein, und das ist wahrscheinlich deshalb unproblematisch, weil ich selbst kurz davor stand, Jura zu studieren und ein Faible für das Thema habe. Da passt die Chemie schon.

Herr Rühl, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch und wünsche Ihnen mit Ihrem Kurs viel Erfolg!

Ihnen ebenfalls herzlichen Dank!

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