Missbräuchliche Google-Bewertungen – Interview mit Rechtsanwalt Eickhoff

“Leider kommt es immer häufiger vor, dass die Mandanten einen dadurch erpressen, dass eine schlechte Bewertung abgegeben oder nicht gelöscht wird, wenn auf die Zahlung der Anwaltsgebühren bestanden wird. Ende Februar erhielt ich eine Bewertung mit (…) verleumderischen Inhalt von einem anonymen Nutzer, ohne das Google bereit wäre, die Bewertung zu löschen.”

So klagte mir letztens einer meiner Kunden sein Leid per E-Mail. Er ist Inhaber einer Fachanwaltskanzlei mit 3 Berufsträgern. Ich nahm das zum Anlass, den Kollegen Philipp Eickhoff von meibers.rechtsanwälte zu dem Problem zu befragen. Die Kanzlei hat sich auf die Abwehr negativer Bewertungen im Internet spezialisiert.

Herr Eickhoff, bei mir häufen sich Anfragen von Kollegen, die immer dreister von Betrügern und neuerdings auch unzufriedenen Mandanten (s. o.) abgezockt oder erpresst werden. Können Sie als Spezialist für Bewertungen im Internet hier auch eine Zunahme feststellen?

Rechtsanwalt Philipp Eickhoff ist bei meibers.rechtsanwälte für die Fachbereiche IT-Recht und Datenschutzrecht verantwortlich.

Eine Zunahme der beiden beschriebenen Vorgehensweisen kann ich nicht bestätigen. Allerdings haben wir mit Fällen, in denen unsere Mandanten mittels einer negative Bewertungen erpresst werden, schon jetzt häufig zu tun. Von den vielen verschiedenen Berufsgruppen, die uns mit der Löschung rechtswidriger Bewertungen beauftragen, sind Rechtsanwälte besonders stark betroffen: (Ex-)Mandanten versuchen, durch Abgabe einer möglichst scharf formulierten Bewertung die Rückzahlung der bereits gezahlten Anwaltsgebühren zu erreichen. Alternativ wurde noch garnichts bezahlt, der Mandant hält die Kostennote aber für überhöht oder gleich insgesamt für unberechtigt. Häufig macht der Verfasser schon in der Bewertung selbst seine Absichten deutlich: “Erlasse mir die Rechnung / Zahle mir Betrag X, dann lösche ich meine Bewertung”.

Kann man sich eigentlich einfach bei Google My Business abmelden, so dass man künftig – jedenfalls dort – gar nicht mehr bewertet werden kann?

Vorgesehen ist das von Google nicht. Google MyBusiness bietet dem Inhaber des Profils zwar die Möglichkeit, das Unternehmen als dauerhaft geschlossen zu kennzeichnen. Das führt allerdings nur dazu, dass über dem Eintrag ein Schriftzug “Dauerhaft geschlossen” eingeblendet wird. Der Eintrag selbst bleibt vollständig samt Bewertungen einsehbar. Daneben bietet Google die Option, den Eintrag zu entfernen. Doch die Beschriftung der Schaltfläche trügt, denn hierdurch wird der Eintrag lediglich aus dem Nutzerkonto entfernt, nicht aus den Suchergebnissen. Nur Google selbst kann den Eintrag vollständig entfernen. Ich habe von Mandanten gehört, denen das durch Anfrage bei Google gelungen ist. Das stellt aber die Ausnahme dar. Auch rechtlich besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Auslistung aus Google. Solange die von Google dargestellten Informationen richtig sind, kann sich Google auf sein Recht auf Informationsfreiheit berufen. 

Aber ganz abgesehen von der praktischen Umsetzung: Ob eine vollständige Löschung wirklich sinnvoll ist, sollte man genau überlegen. Gelingt einem die Löschung, geht dadurch ja regelmäßig eine Menge Traffic verloren. 

Es soll ja Kollegen geben, die – quasi aus Notwehr – sich einfach selbst gute Bewertungen schreiben oder gute Bewertungen im Internet kaufen. Man stößt ja auf zahlreiche solcher Angebote, wenn man nur mal nach „Google Bewertung kaufen“ o. ä. sucht. Was halten Sie davon?

Ich rate jedem dazu, um diese Angebote einen möglichst großen Bogen zu machen. Und das sage ich völlig unabhängig von der rechtlichen Bewertung gekaufter oder selbst geschriebener Bewertungen. Die Anbieter haben ihren Sitz häufig wahlweise auf Zypern, den Seychellen oder in Georgien. Es mag sein, dass nach Bezahlung tatsächlich positive Bewertungen abgegeben werden. Diese sind aber häufig als Fake-Bewertungen erkennbar oder werden nach einiger Zeit von Google als solche erkannt und dann entfernt. Eine Möglichkeit, sein Geld zurück zu bekommen, hat man nicht. 

Welche Vorgehensweise empfehlen Sie, wenn man Opfer ungerechtfertigter oder betrügerischer schlechter Google-Bewertungen geworden ist?

Erfahrungsgemäß ist die Beanstandung der Bewertung gegenüber Google das Mittel der Wahl. Google bearbeitet die eingehenden Beanstandungen, die sich mit dem Inhalt der Bewertung und der Rechtslage vernünftig auseinandersetzen, gewissenhaft. In aller Regel folgt auf die berechtigte Beanstandung dann auch die Löschung der Bewertung.

In Härtefällen und in Fällen, in denen der Inhaber des Profils erpresst werden soll, besteht daneben die Möglichkeit, den Verfasser der Bewertung(en) persönlich abzumahnen und zur Löschung und Unterlassung zu verpflichten. Voraussetzung ist naturgemäß, dass der Verfasser bekannt ist. Bei Erpressungsversuchen ist das ja regelmäßig der Fall.  

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Nach meiner Erfahrung führt die weit überwiegende Zahl der Beanstandungen an Google auch zur Löschung der Bewertung. Gleichwohl gibt es Fälle, in denen die Löschung von Google verweigert wird. In solchen Fällen können gerichtliche Schritte ergriffen werden. Bei offensichtlich rechtswidrigen Bewertungen habe ich das aber nur sehr selten erlebt.

Heißt das also, man sollte erst einmal selbst mit Google Kontakt aufnehmen – so hatte ich das ja auch gemacht (und meinen Erfahrungsbericht dazu veröffentlicht) – und wenn man nicht weiterkommt, kann man sich immer noch vertrauensvoll an Sie wenden?

Die Meldefunktion von Google ist öffentlich und kann auch vom Profilinhaber selbst genutzt werden. Ich rate aber davon ab, es erst einmal selbst zu versuchen. Zum einen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Google Beanstandungen durch den Profilinhaber selbst gerne pauschal und ohne nähere Begründung ablehnt. Zum anderen wird dadurch der Prozess zur Beanstandung der Bewertung “verbraucht”. Bei Google gilt die Bewertung intern als erledigt, obwohl nicht gelöscht wurde. Weitere Beanstandungen werden dann mit dem Hinweis auf die angebliche Entscheidung abgelehnt. Meine Arbeit wird dadurch erschwert. Eine Chance auf Löschung gibt es auch in diesen Fällen, allerdings wird der Vorgang verzögert.  

Verstehe, wieder was gelernt. Herr Eickhoff, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen und den Kollegen weiterhin viel Erfolg im Kampf gegen ungerechtfertigte schlechte Google-Bewertungen.

2 Kommentare
  1. Sebastian Möller
    Sebastian Möller sagte:

    Vielen Dank für das informative Interview. Es ist leider ein Unding der heutigen Zeit, dass Google als Plattform für negative Bewertungen missbraucht wird. Ich habe das aber auch schon in einem anderen Kontext erlebt nämlich bei Kununu, wenn es um Arbeitgeber-Bewertungen geht. Die sind zum Teil auch alles andere als objektiv. In den meisten Fällen gelingt hier auch eine Löschung. Leider kostet es jedes Mal viel Zeit, bis der negative Beitrag entfernt wurde. Da kann schon Reputationsschaden entstehen.

  2. Brigitte Lüthi
    Brigitte Lüthi sagte:

    Positive Bewertungen kaufen wird auf die Dauer nicht funktionieren. Ich denke, Google und Co. haben diese Problematik längst erkannt und irgendwann in den nächsten Jahren werden diese Fake Rezensionen nichts mehr Wert sein.

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